Stefan Lutz, ein Finalist des Smart City Wettbewerbs 2018, hat sich bereiterklärt, seine Einreichung beispielhaft vorzustellen. Das Projekt hat nicht nur aufgrund der Fragestellung Eindruck gemacht, sondern speziell aufgrund der hochwertigen und durchdachten Umsetzung. 09.02.2018 – Stefan Lutz
Überwachung von Kleingewässern bzw. generelle Umweltdatenerfassung
Durch Klimaveränderungen und Bebauung ändern sich die Intensitäten von Regenwasser und somit auch das Abflussverhalten. Dadurch kommt es immer öfter zu Engpässen, die überschwemmte Keller und hohe Schäden zur Folge haben.
Ein flächendeckendes Pegelsensor-Netzwerk, auch oder gerade an Kleingewässern im Stadtbereich, könnte solche Probleme erkennen, bevor Schäden entstehen. Zusätzliche mobile und schnell einsetzbare Sensoren könnten an Stellen eingesetzt werden, wo sich bereits ein Problem abzeichnet oder Probleme befürchtet werden.
Auf Grund der eingeschränkten Zeit, die zur Verfügung steht, liegt der Fokus und somit der umgesetzte Teil des Projektes auf Pegelmessungen. Weitere Anwendungsmöglichkeiten werden kurz umrissen.
Ziel
Schadensverhinderung durch automatisierte Überwachung der gemessenen Werte und dadurch erkannte Probleme lange, bevor es zu tatsächlichen Schadensereignissen kommt.
Falls doch ein unvorhersehbares Ereignis eintritt, Schadensminimierung durch zeitnahe Alarmierung der Einsatzkräfte/Anwohner sowie langfristige Beseitigung des Problems durch Auswertung der Daten und dadurch erkannte Ursache. Generell aber auch einfache Informationsbereitstellung über die Zustände der Gewässer und damit verbundene Beeinträchtigungen.
Beispiel: Furt, Dornbirn
Ob diese gesperrt ist, wird derzeit mit einzelnen manuell aufgestellten Umleitungstafeln angezeigt, die dazu noch an den falschen Stellen stehen, eine digitale automatisierte Anzeige des Schrankenstatus und/oder die Möglichkeit, diesen per App/Webseite abzufragen, würde einigen AutofahrerInnen Ärger und der Umwelt viele sinnlose Verkehrskilometer ersparen.
Sensoren
Derzeit sind zwei Prototypen mit unterschiedlichen Funktechnologien in zwei Kleingewässern im Stadtrandgebiet von Dornbirn im Einsatz:
- Datenübertragung per LORA-WAN (868 MHz) fix alle 300 Sekunden. Übertragene Daten: Pegel, Batteriespannung, Checksumme. (Reichweite bis zu 15 km und mehr je nach Position des LORA-Gateways)
- Datenübertragung per RFM69-Funkmodul (868 MHz) zu einem RFM69<>WLAN-Gateway. Übertragene Daten: Checksumme, Batteriespannung, Temperatur, Solarstatus, Helligkeit, Pegel. Übertragungsintervall 20 Sekunden, variabel nach Batteriespannung. (Reichweite bis zu 500 m, erfordert Gateway in Reichweite, das an ein WLAN angebunden ist. Ermöglicht die Übertragung in kürzeren Intervallen und mit mehr Daten als die Übertragung per LORA-WAN)
Durch den Einsatz einer Solarzelle in Kombination mit einem Pufferakku ist kein Batteriewechsel nötig und die Einsatzdauer der Sensoren theoretisch unbegrenzt. Mögliche weitere Anwendungsgebiete/Sensortypen:
- Wasserzähler/Verbrauchsüberwachung auf Sport/Spielplätzen. (Oftmals sind Anlagen defekt und es wird wertvolles Trinkwasser verschwendet)
- Personenzählung per BLE oder WIFI Scanner (Mobiltelefone oder Bluetoothgeräte in der Nähe werden erkannt und gezählt)
- Nutzungsfrequenz per Lichtschranke/Radarsensor/Induktionsschleife (Zählung von Radfahrern, Fußgängern, Autos an bestimmten Punkten)
- Umweltdaten (Luftgüte, Schadstoffkonzentration, Lärmbelastung, Regenintensität, Wind, Temperatur, Luftfeuchte, UV-Belastung, Sichtweite, …)
- Straßenzustand (Wasser/Aquaplaning, Eis)
- Wasserpräsenz (Unterführungen, Keller)
Vorteile
Erhöhte Lebensqualität der Einwohner. Vorhersehbarkeit von Problemen bzw. zeitnahe Alarmierung und damit einhergehend Minimierung oder gar Verhinderung von Schäden. Enorme Kosten und Aufwandsersparnis bei Feuerwehr und Versicherungen (Wo keine Schäden, da auch keine Versicherungsleistungen)
Finanzierung
Die Hardware, um einen Pegelsensor aufbauen zu können, kostet maximal 100 EUR und lässt sich durch Serienfertigung sicher noch deutlich reduzieren. Natürlich wird ein gewisser Wartungsaufwand notwendig sein, der Sensor kann sich aber bemerkbar machen, wenn es Probleme gibt.
Durch die eingesetzte Solarzelle und einen Pufferakku hat der Sensor praktisch unendlich Energie, ein periodischer und damit aufwendiger Batteriewechsel wird somit obsolet. Die Finanzierung könnte gemeinschaftlich durch Stadt/Land(Feuerwehr) und Versicherungen erfolgen. (Sollte dies wider Erwarten nicht reichen, würden Bürger, die derzeit bei Regen mitten in der Nacht den Bach kontrollieren gehen, sicher auch bereit sein, einen Beitrag zu leisten, um wieder ruhig schlafen zu können.) Ein einzelner Schadensfall mit Feuerwehreinsatz und Versicherungsleistungen für den überfluteten Keller einer Wohnanlage (Sachschäden, Kosten für Bodensanierung/Trockenlegung) beläuft sich schnell auf enorme Summen.
Laut Tarifverordnung des Bundesfeuerwehrverbandes betragen die Kosten für den letzten Hochwassereinsatz der im folgenden Praxisbeispiel genannten Wohnanlage mindestens 5.000 EUR, die Höhe der folgenden Versicherungsleistungen durch Sachschäden und Trockenlegungskosten sind schwer abschätzbar.
Alleine die Kosten der Feuerwehr zeigen jedoch schon auf, dass hier bei Verhinderung eines einzigen Einsatzes schon die Anschaffungskosten von 50 Pegelsensoren finanziert wären. Ein flächendeckendes Sensornetzwerk würde sich durch das enorme Kosteneinsparungspotential schnell amortisieren.
Praxisbeispiel
Ein Bach im Stadtgebiet kommt sporadisch an das Limit und überflutet in der Folge die Keller der umgebenden Häuser und Wohnanlagen. Das Ergebnis sind immense Schäden und Zeitaufwand der Bewohner sowie der Feuerwehr, um die Folgen zu beseitigen.
Die akuten Schäden sind aber noch lange nicht alles, es beeinflusst auch die Lebensqualität der betroffenen Bewohner enorm, da diese dann teilweise mitten in der Nacht mit Taschenlampe bewaffnet zum Bach pilgern, um zu sehen, ob Gefahr droht, oder bei vorhergesagtem Starkregen sogar Urlaube absagen, aus Angst, bei der Rückkehr einen zerstörten Keller vorzufinden. Gäbe es ein flächendeckendes Pegelsensor-Netzwerk, hätte dies alles verhindert werden können indem die Daten automatisiert ausgewertet werden und Alarm geschlagen wird, wenn ein Bach im Laufe der Jahre immer öfter mehr Wasser führt, als gut ist. Diese Früherkennung würde ermöglichen die Ursache zu finden und Abhilfe zu schaffen, weit bevor es zu Schäden oder Problemen kommt.
Und sollte doch einmal etwas unabsehbar und überraschend auftreten, könnte die Feuerwehr mittels automatischer Benachrichtigung schon vor Ort sein, bevor ein Bewohner in seinem Keller unvermutet ins Wasser tappt und Schäden bereits entstanden sind. Oftmals ist der sichtbare Schaden ja auch nur die Spitze des Eisberges und die durch im Vorfeld stattgefundene, nicht erkannte Ereignisse entstandenen Schäden kommen erst Jahrzehnte später ans Tageslicht. Im konkreten Praxisbeispiel ist durch den die letzten Jahre immer mehr Wasser führenden Bach der Grundwasserspiegel deutlich angehoben worden, wodurch die umliegenden Gebäude, auch wenn kein Keller geflutet wurde und es somit unbemerkt verlief, praktisch im Wasser stehen.
Dass sich so etwas auf lange Sicht nicht positiv auf die Bausubstanz auswirkt, ist klar. Auch hier könnte das Pegelsensor-Netzwerk Abhilfe schaffen, da diese Situation erkannt wird, auch wenn niemand von sich aus einen Schaden sieht oder gar meldet.
Aktion statt Reaktion -> weg vom Feuerwehrmodus!